Einführung in die Geschichte des Mittelalters

Das Mittelalter als Epoche ist ein faszinierendes Thema, das die Zeitspanne von etwa 500 bis 1500 umfasst. Der Begriff "Mittelalter" stammt aus der Zeit der Humanisten zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert und bezieht sich auf die Epoche, die zwischen der Antike und der Neuzeit liegt. Ursprünglich war die Verwendung des Begriffs abwertend, da das Mittelalter als eine Zwischenzeit betrachtet wurde, die zwischen der bewunderten Antike und der gegenwärtigen Zeit stand. Dies zeigt die Historik von Christoph Cellarius auf, der das Mittelalter zeitlich von 312 bis 1453 ansiedelte, beginnend mit Konstantin dem Großen und endend mit der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen.

Ein bedeutsamer Aspekt der Geschichtswissenschaft ist die Definition von Epochen. Epochen sind nicht statisch und objektiv, sondern werden rückblickend konstruiert, basierend auf spezifischen Kriterien, Quellen und Forschungsergebnissen. Eine Epoche ist demnach eine zusammenhängende Zeitspanne, deren Wahrnehmung und Darstellung von der Perspektive der Historiker*innen abhangen. Diese Sichtweise schließt die Überlegung ein, dass Epocheneinteilungen diskursiv verhandelt werden und stark von den Fragestellungen der gegenwärtigen Forschung beeinflusst sind.

Perspektiven und Periodisierungskriterien

Die Betrachtung einer Epoche verändert sich je nach den Interessen und Bedürfnissen der Gegenwart sowie den Perspektiven der Betrachter. Mögliche Kriterien zur Periodisierung des Mittelalters umfassen:

Die römische Geschichte
Die Geschichte des Christentums (sowohl katholisch als auch protestantisch)
Die Entwicklung der römisch-germanischen Kulturen
Die Ereignisgeschichte, Kulturgeschichte, Sozialgeschichte und Wirtschaftsgeschichte

Wichtige Daten, die den Beginn des Mittelalters markieren, sind unter anderem:

313/324: Das Toleranzedikt Konstantins und die Alleinherrschaft des ersten christlichen Kaisers Konstantin.
529: Gründung des ersten abendländischen Klosters Monte Cassino.
Um 600: Führung des ersten "typisch mittelalterlichen" Papstes Gregor des Großen.
486: Sieg Chlodwigs über den letzten römischen Statthalter.

Das Ende des Mittelalters wird durch mehrere bedeutende Ereignisse gekennzeichnet:

1453: Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen.
1492: Die Fahrt Kolumbus' nach Amerika.
1517: Beginn der Reformation.

Diese Ereignisse haben nicht nur das Ende des Mittelalters markiert, sondern auch den Übergang zur Neuzeit eingeleitet.

Binnengliederung des Mittelalters: Die Königsdynastien

Das Mittelalter wurde oft in drei Hauptperioden eingeteilt:

Frühmittelalter (ca. 500-900)
Hochmittelalter (ca. 900-1250)
Spätmittelalter (ca. 1250-1500)

Diese Phasen finden sich in den Kaiserreichen, die von den Merowingern über die Karolinger bis hin zu den Ottonen und Staufern reichen. Ab dem Tod Kaiser Friedrichs II. gab es einen Wechsel zu verschiedenen Dynastien wie den Habsburgern und Luxemburgischen.

Nationale Perspektiven und Probleme der Periodisierung

Die klassische drei-teilige Einteilung des Mittelalters ist vor allem in Deutschland verbreitet und wird oft als Blütezeit des Hochmittelalters gewertet. Diese Sichtweise stützt sich auf ein historisches Bild, das im 19. Jahrhundert entstand und durch die Reichsgründung von 1871 geprägt wurde. Dabei werden Merowinger und Karolinger als frühe Vertreter einer deutschen Identität betrachtet, was heute allerdings kritisch diskutiert wird. Andere europäische Länder haben unterschiedliche Blickwinkel und Periodisierungen, die den Einfluss ihrer eigenen Historie widerspiegeln.

Kritik an klassischen Periodisierungen und alternative Sichtweisen

Die gängigen drei Perioden Antike, Mittelalter und Neuzeit stehen zunehmend in der Kritik, vor allem hinsichtlich ihrer eurozentristischen Perspektive. Historiker wie Hartmut Bookmann fordern, die globalen Kulturen, beispielsweise aus Amerika und Ostasien, in die Periodisierungen einzubeziehen.

Die mittelalterlichen Zeitvorstellungen basierten häufig auf religiösen Konzepten, die sich aus der Bibel und deren Auslegung durch Kirchenlehrer wie Augustinus von Hippo und Hieronymus ergeben. In dieser Betrachtung wird Geschichte als teleologischer Prozess wahrgenommen, der von Schöpfung bis zum Jüngsten Gericht verläuft und durch Gottes Wirken bestimmt ist.

Das moderne Geschichtsverständnis und die Funktionen der Mediävistik

Die Geschichtswissenschaft entwickelte sich im 18. Jahrhundert im Zuge der Aufklärung und brachte ein neues Verständnis von Geschichte hervor. Der Prozess der Professionalisierung der Mediävistik führte zur Einrichtung von Studiengängen und Lehrstühlen, die eine kritische Quellenanalyse einführten. Diese Entwicklung brachte auch ein bürgerlich-liberales Geschichtsbild hervor, das das Mittelalter romantisierte. Das heutige Ziel der Mediävistik besteht darin, das Mittelalter in einem wissenschaftlich-methodischen Rahmen zu betrachten und kritische Fragen zu den zeitgenössischen Bildern zu stellen.

Institutionen der Mittelalterforschung

Heutige Mittelalterforschung findet an Universitäten mit spezialisierten Professuren statt, die sich mit einzelnen Epochen befassen. Zudem gibt es bedeutende außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und akademische Verbände wie die Deutsche Historische Instituten in Rom, Paris und London, die sich mit dem Mittelalter beschäftigen. Diese Institutionen spielen eine entscheidende Rolle bei der Betreuung langfristiger Projekte zur Erforschung mittelalterlicher Themen.

Mittelalter in der Bildung

In der schulischen Bildung des Landes Brandenburg wird das Mittelalter als prägende Periode für die Entwicklung der westlichen Zivilisation betrachtet. Themen wie das Christentum, kirchliche Strukturen, die Reformation, sowie Lebensformen und gesellschaftliche Strukturen sind zentraler Bestandteil des Lehrplans.

Zusammenfassung: Das Mittelalter als Epoche

Zusammenfassend kann das Mittelalter als eine Synthese aus Christentum, Antike und germanischen Kulturen betrachtet werden, mit einer zeitlichen Einordnung zwischen etwa 500 und 1500. Der Begriff wird zunehmend neutral verwendet, um diese komplexe und facettenreiche Epoche zu kennzeichnen. Die Konstruktion von Epochen ist nicht festgelegt und hängt von den jeweiligen Fragestellungen ab, wobei unterschiedliche Kriterien zur Analyse herangezogen werden. Der Ausbau des globalen Geschichtswissenschafts zwingt zur Neubewertung traditioneller Periodisierungen, und das Verständnis von Epochen wandelt sich mit der Weiterentwicklung wissenschaftlicher Methoden weiter.